Der Gründergeist von Ein Stück Land: „Aufklären und zum Umdenken anregen ist unser Ziel.“

Mit wenigen Klicks kommt das Gute direkt zu Dir auf den Tisch

Menschen wollen heute so bequem wie nur möglich einkaufen. Das weiss und bietet jeder Supermarkt. Für Fleisch und Fleischprodukte aus artgerechter Quelle ist der örtliche Supermarkt jedoch häufig noch ein schwieriges Feld. Wer wirklich 100% sicher gehen will, dass es den Tieren gut ging und sie artgerecht aufgezogen und leben durften, dem bleibt häufig nur der Gang zum bäuerlichen Hofladen.

„Ein Stück Land“ – artgerecht online einkaufen

Doch der artgerechte Markt bewegt sich – und zwar Richtung Verbraucher:in. Lina Kypke und Hinrich Carstensen bieten in ihrem Online Shop Ein Stück Land die perfekte Mischung zwischen bequemen Kundenservice, einnehmender Persönlichkeit und natürlich der absoluten Gewissheit, dass hier nur Produkte bezogen werden, deren artgerechte Quelle garantiert wird. Lina und Hinrich sind bereits vielen Menschen bekannt aus der Höhle der Löwen. Wer sie noch nicht kennt, kann hier Spannendes über sie erfahren.

weidefunk hat mit Hinrich gesprochen und war neugierig zu erfahren, wie die beiden Innovatoren den wachsenden Markt der artgerechten Landwirtschaft sehen und wo Verbraucher:innen gezielt ansetzen können, um diesen Markt tatkräftig zu unterstützen.

weidefunk
Hinrich, mal abgesehen von Eurem tollen Konzept, das Ihr mit viel Persönlichkeit umsetzt – was denkt Ihr, hat die Menschen allgemein sensibilisiert, stärker auf die Herkunft und Ursprungsgeschichte von Fleisch & Co. zu achten? 

Hinrich
„Ich denke, dass die neuen Medien stark dazu beigetragen haben, dass die Menschen sich mehr und mehr bewusst machen, woher das Fleisch eigentlich kommt. Und vor allem auch, wie es den Tieren dahinter geht.

„Es kam die Zeit, in der Fleisch immer anonymer, massenhaft und immer günstiger produziert wurde und durchgehend verfügbar war. In der Zeit haben wir den Bezug und den Respekt vor diesem Lebensmittel verloren.“

Früher war es klar, denn da wurden die Tiere noch auf dem Hof gezüchtet und geschlachtet, die Menschen kannten das Tier, wie es aufgezogen wurde, was es gefressen hat und Fleisch gab es generell sowieso viel seltener. Demnach hatte Fleisch einen viel höheren Stellenwert als heute. Dann kam die Zeit, in der Fleisch immer anonymer, massenhaft und immer günstiger produziert wurde und durchgehend verfügbar war. In der Zeit haben wir den Bezug und den Respekt vor diesem Lebensmittel verloren.“

Angefeuert durch Berichterstattungen, Reportagen, Dokumentationen und Zeitungsartikeln hat nicht nur das Tierwohl heutzutage bei vielen Menschen einen höheren Stellenwert bekommen, sondern auch die eigene Gesundheit. Was ist gut für meinen Körper? Was kann ich essen? All das kommt zusammen und endet dann in dem Kauf von artgerecht aufgezogenem Fleisch oder eben in Vegetarismus oder Veganismus.

Aber ich weiß auch, dass wir hier von nur einem kleinen Teil der Menschen in Deutschland sprechen. Die breite Masse kauft weiterhin im Supermarkt und im Discounter. Häufig ist billig eben immer noch ein Kundenmagnet. Wir haben dort noch einen langen Weg für uns.“

weidefunk
Das von Euch angebotene Fleisch lässt sich zu 100% zurückverfolgen. Wie wichtig wird nach Eurer Einschätzung diese Transparenz in den kommenden Jahren für die VerbraucherInnen noch werden? 

Hinrich
„Die Transparenz wird immer wichtiger. Qualität und gesundes Essen ist auf dem Vormarsch und eng verknüpft ist damit das Tierwohl. Und jeder kann diesen Prozess beschleunigen. Dazu beitragen können zum Beispiel Fragen von Kunden an der Frischetheke: Woher kommt das Fleisch? Welches Tier war es? Wie alt? Und all diese Fragen, die einen interessieren sollten.

„Es kostet viel Kraft, Gewohnheiten abzulegen. Von daher wird es noch ein langer Weg sein von unserem übermäßig hohen Fleischkonsum wieder einige Schritte zurück zu gehen, Transparenz durchzusetzen und Qualität vor Preis wieder in den Vordergrund zu stellen.

Wichtig ist dann nur, dass man das Fleisch auch nicht kauft, wenn einem die Antworten nicht gefallen. Ansonsten hat der Supermarkt oder Discounter keinen Druck, Dinge zu ändern. Es wird aber auch schwierig sein alle Tiere so aufzuziehen, wie unsere Partnerlandwirte es tun. Das ist ganz klar.

Und: Menschen sind bequem. Es kostet viel Kraft, Gewohnheiten abzulegen. Von daher wird es noch ein langer Weg sein von unserem übermäßig hohen Fleischkonsum wieder einige Schritte zurück zu gehen, Transparenz durchzusetzen und Qualität vor Preis wieder in den Vordergrund zu stellen.“

weidefunk
Eure Haltung zur Haltung ist vorbildlich und ein festes Prinzip. Heißt konkret: Ganzjährige Weidehaltung im Herdenverband, die Jungtiere bleiben bei ihren Müttern. Den meisten Menschen geht doch das Herz auf, wenn sie die Tiere in einer solchen Haltung beobachten! Die Realität der industriellen Tierhaltung zeichnet das gegenteilige Bild. Woran liegt es, dass sich viele Menschen von den „Nutztieren“ so entfremdet haben? 

Hinrich
„Kein Mensch entfremdet sich bewusst. Das ist ein langer Prozess. Es gibt eben nicht mehr die Höfe wie früher, bei denen man die Tiere sehen konnte und ständig daran erinnert wurde, dass das Fleisch von diesen Tieren kommt. Heutzutage sind es große Betriebe, die die Tiere in riesigen Ställen halten. Einige Schweine wird man ja nie zu Gesicht bekommen, es sei denn im Anhänger auf der Autobahn zum Schlachthof. Und da wird einem dann kurz bewusst, was eigentlich so im Hintergrund abläuft. Aber das ist schnell vergessen. Ohne Kontakt zu den Tieren ist es schwer diese Verknüpfung von Tier zu Fleisch zu schaffen.

Ich denke mal niemand weiß, wie so eine Prozess eigentlich genau abläuft. Von der Zucht, der Mast und dem Schlachten. Dass das Rindfleisch zum Beispiel roh gar nicht genießbar ist, sondern immer erst noch abhängen muss. Warum sollten Verbraucher so etwas auch wissen? Man kann ganz einfach in den Supermarkt gehen und Fleisch direkt kaufen. Jeden Tag.

Darüber hinaus ist es aber auch mangelndes Interesse von Seiten der Verbraucher. Vielleicht spielt auch noch die knappe Zeit eine Rolle. Und es gilt weiterhin: Hauptsache, das Fleisch gibt es zu kaufen, es schmeckt und ich werde satt. Wobei das mit dem schmecken so eine Sache ist: Das heutige Fleisch schmeckt ja eigentlich nach nichts mehr. Und deswegen ist es so wichtig, endlich aufzuklären. Was passiert eigentlich mit einem Nutztier? Wie sehen die Haltungsbedingungen von den Tieren aus? Was gibt es für Haltungsbedingungen?

Wenn man das im Kopf hat, wenn man an der Frischetheke steht, dann ist das Nutztier schon ein bisschen näher und wir können vielleicht besser verstehen, warum man dann mal eher Gemüse kaufen sollte, als immer Fleisch.“

weidefunk
Wodurch, denkst Du, könnte gezielt digital wieder Nähe geschaffen werden, die VerbraucherInnen also einen neuen Bezug zu den Tieren aus der Landwirtschaft aufbauen? Was sind hier aus Eurer Sicht umsetzbare Wege?

Hinrich
Das Internet eignet sich perfekt dafür. Videos, Fotos, Interviews erstellen, auf die Weide gehen und die Menschen einfach mitnehmen. Einige große Konzerne versuchen es ja schon mit idyllischen Fotos und glücklichen Tieren mit dem lächelndem Landwirt daneben. Das ist letzten Endes in unseren Augen aber Verbrauchertäuschung. Denn man weiß ja, dass es so nicht ist.

Die Realität muss gezeigt werden. Die ja auch nicht schlecht ist. Es sollten die Kunden digital mit zu Betrieben genommen werden, um einfach mal zu zeigen, wie ein solcher Betrieb überhaupt funktioniert. Man könnte die Haltung erklären und sagen, warum es so ist wie es ist und ob es den Tieren wirklich so schlecht geht. Ich weiß aber auch, dass man daran gar kein Interesse hat. Denn dann würden wahrscheinlich weniger Menschen das Fleisch kaufen.

Wir haben in dem Sinne natürlich ein einfaches Spiel, denn wir haben wirklich nichts zu verstecken. Ob es andere Betriebe haben kann ich natürlich nicht sagen. Aber mehr Aufklärung muss definitiv gemacht werden.“

weidefunk
Eine Bio-Zertifizierung liegt bei Eurem Fleisch nicht vor. Für wie wichtig haltet Ihr Labels, Zertifizierungen – ggfs. auch politisch vorgegebene Standards? 

Hinrich
„Unser Schlachter ist Bioland zertifiziert, viele Landwirte sind auch Bioland zertifiziert, einige andere haben die europäischen Biostandard und andere sind eben „konventionell“. Wobei dieses Wort bei vielen immer negative Gefühle auslöst, was sehr schade ist. Konventionell ist nichts Schlimmes: Unsere Züchter, die konventionell arbeiten, die machen es aus Überzeugung. Sie möchten keinem Label angehören und diktiert bekommen, wie sie mit ihren Tieren umzugehen haben.

Ein Landwirt von uns bekommt zum Beispiel das Brot aus einer Dorf-Bäckerei gleich um die Ecke, welches nicht mehr zu verkaufen ist. Die Tiere lieben es. Er dürfte das Brot aber nicht mehr verfüttern, wenn er ein Bio-Label haben möchte. Da spielt er aus Prinzip nicht mit. Bis 17 Uhr dürfen es die Menschen kaufen, ab 17 Uhr dürfen es die Tiere nicht mehr fressen. Komische Welt.

Da finden wir konventionell häufig eben sinnvoller. Bio-Kartoffeln aus Afrika sind nicht besser als konventionelle Kartoffeln aus Schleswig-Holstein. Grundsätzlich haben wir aber nichts gegen Bio-Label. Es muss aber einen einheitlichen Standard geben und dieser Label-Dschungel muss endlich aufhören. Da blickt kein Verbraucher mehr durch. Und wir wollen niemandem bevorzugen. Bei uns sind alle Züchter gleich. Jeder will nur das Beste für seine Tiere. Da sind uns irgendwelche Zertifizierungen egal.“

weidefunk
Wenn wir davon ausgehen, dass Labels & Co. nicht der Weisheit letzter Schluss sind, um den Fleischmarkt für VerbraucherInnen transparenter zu gestalten: Was würdet Ihr gerne dem Verbraucher und der Verbraucherin ans Herz legen, worauf sie bei ihrem Einkauf achten sollten? Was sind Eure besten Tipps?

„Man muss bereit dafür sein, seine Gewohnheiten umzustellen.“

Hinrich
Es gibt genug Möglichkeiten, sich Informationen zu beschaffen, wenn man denn Interesse hat. Außerdem lege ich jedem ans Herz mehr auf saisonal und regional zu achten. Es muss nicht ständig eine Avocado im Salat sein, es müssen nicht das ganze Jahr über Ananas, Banane oder sonstige Smoothies gemacht werden. Warum kaufen wir im Herbst im Supermarkt Äpfel aus Australien? Wir sollten mehr die heimische Landwirtschaft unterstützen.

Ein Verbraucher könnte auch mehr auf Vorrat kaufen. Einmal aufs Land fahren, in einen Hofladen vorbeischauen und sich Fleisch für die nächsten 2-3 Wochen kaufen. Einfrieren geht super und das Fleisch ist haltbar. Es gibt mehr und mehr Milchtankstellen an den Betrieben. Im Internet gibt es digitale Hofläden, die eine tolle Produktauswahl bis vor die Haustür bringen. Aber hier auch wieder: Man muss bereit dafür sein, seine Gewohnheiten umzustellen. Denn ein solches Kaufverhalten bedeutet, dass ein wenig geplant werden muss.“

weidefunk
Stellt Euch doch mal bitte vor, Ihr würdet einen Vortrag vor einer Schulklasse – 7- oder 8-Klässler – halten. Bei der Vorbereitung würdet Ihr dann gemeinsam überlegen, welche Kernbotschaft Ihr diesen Kindern mit auf den Weg geben wollt: Wie würde diese Botschaft lauten? Was würdet Ihr Euch wünschen, nehmen die Kinder in Bezug auf ihren Konsum von Fleisch, Milch & Co. mit? 

Hinrich
„Wichtig ist in erster Linie, dass die Kinder wissen, dass Fleisch nicht aus einer Fabrik kommt, sondern von der Weide oder eben aus dem Stall. Hinter Fleisch steckt ein Lebewesen und dieses Lebewesen musste sein Leben lassen, damit wir uns ernähren können. Diese Verknüpfung ist in unseren Augen sehr, sehr wichtig. Denn dann sieht man Fleisch mit ganz anderen Augen.

Als zweiten Schritt könnte man dann eben noch die Gemüse-, und Obstsorten behandeln, die wir im eigenen Land anbauen und könnten. Vielleicht auch einmal eine Übersicht aus einem Supermarktsortiment erstellen und dann zusammen die Sorten rausstreichen, die nicht aus der heimischen Landwirtschaft kommen. Mal gucken, was dann noch übrigbleiben würde. Ich denke, dass so etwas am besten die Augen öffnet. Und dann sollte jedes Kind sich selbst seine Schlussfolgerung daraus ziehen. Jemandem eine Meinung aufzudrücken ist nicht unsere Art. Aufklären und zum Umdenken anregen. Das ist unser Ziel.“

weidefunk
Hinrich, ganz herzlichen Dank für diese ehrlichen Einblicke!

Das Interview führte Inga.

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