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Labels, überall Labels! Dichter Marketingwald oder wohltuende Übersicht?

Heile-Welt-Rhetorik im Kühlregal

Ein Besuch im Supermarkt und hier der Abstecher zu Fleisch- und Milchprodukten hat schon was: Die Werbung auf den Verpackungen von Fleisch, Milch & Co. ist so voller Wohlfühlsemantik, da möchte man meinen, als ob es der Milchkuh besser gehen würde als dem guten alten Haushund. Und nun gesellen sich auch noch Labels dazu, die das Ganze als „echt glaubhaft“ zertifizieren sollen.

Die gefühlt hundert Labels, die in den letzten Jahren in Bezug auf Tierwohl aufgekommen sind, suggerieren eine weiße Weste in Bezug auf Tierhaltung und den Umgang mit den Tieren. So mancher Landwirt dürfte angesichts dieser Heile-Welt-Zeichenrhetorik nur noch stumm den Kopf schütteln. Doch schauen wir genauer hin: was spricht eigentlich konkret gegen, und was spricht für Labels?

Was tendenziell gegen Labels spricht

Was zu viel ist, zu viel

Allein die Tatsache, dass derzeit jeder Supermarkt und Discounter mit anderen Kennzeichnungen auf den Markt rückt und andere Labels auf seine Produkte klebt, stiftet definitiv mehr Verwirrung als wohltuende Orientierung. Und ganz ehrlich: wer weiss denn wirklich schon, was den gesetzlichen Mindeststandard nun von der weiblichen Aussage „mehr Platz im Stall“ auf den Produktpackungen unterscheidet?

Gutes in der Theorie anbieten, reicht nicht

Gut trainierte Rechercheure wie z. B. Foodwatch decken immer wieder auf, dass zwar verschiedene Stufen eines Haltungssystems angeboten werden. 1 ist der gesetzliche Mindeststandard und arbeitet sich dann qualitativ weiter hoch bis hin zu 4, der Premiumhaltung, in die auch Bio einzusortieren ist. Damit ist die Botschaft erst einmal: „Hey, wir haben uns mit der Haltung der Tiere beschäftigt!“. Doch unterm Strich zeigt sich die Rechnung düster: Im Haltungssystem der Discounter wird schnell deutlich, dass der allergrößte Teil der Produkte sowieso in Stufe 1, also dem mindestgesetzlichen Standard einzuordnen sind. 

Klingt gut, ist es aber nicht

Viele Label sehen auf den ersten Blick so schön aus, und versprechen vor allem auch Schönes. „Stallhaltung“ zum Beispiel klingt ja echt heimelig. Dieser „Stall“. Der hier gemeint ist, hat aber freilich mit Stroh, Licht und Platz mal so gar nichts zu tun. Sondern vielmehr mit einem industrialisierten Produktbunker, in dem vom Platzangebot über die Luftzufuhr bis hin zur Fütterung alles technisch durchorganisiert wird. 

Tausendmal versprochen, tausendmal nichts passiert

Blöd bei dem Ganzen ist obendrauf die Langzeitwirkung:  Wenn zu viele Labels auf dem Markt sind, die überhaupt icht halten, was sie versprechen, machen sie sozusagen den Labelmarkt sukzessive unglaubwürdig. Wenn Verbraucher:innen erst einmal verstanden haben, dass die Wohlfühlbegriffe und Ordnungssysteme in der Stallhaltung am tatsächlichen Tierwohl bzw. besser gesagt Tierleid gar nichts ändern – warum sollten sie in Zukunft noch irgendeinem Label trauen? Und das wäre fatal für Organisationen, die ehrliche Veränderungen vorantreiben und dies mit einem Siegel oder Label attestieren und öffentlich machen wollen. 

Was tendenziell für Labels spricht

Was gut ist an diesem Label-Meer? Ganz klar: Dass Bewegung in die Sache kommt!

Denn davon zeugt das hohe Label-Aufkommen natürlich ganz deutlich – hier wird ein Marktbedürfnis nicht nur wahr- sondern total ernst genommen. Dass von Seiten der Industrie immer mal noch versucht wird zu tricksen, ist nichts Neues. Wird auch noch eine Zeitlang versucht werden. Doch generell ist das Bedürfnis der Menschen nach einer gesünderen, verbesserten, tierwohlgerechteren Haltung doch so weit angestiegen, dass Druck in den marktwirtschaftlichen Kessel kommt.

Und der ist jetzt in den Führungsetagen der Lebensmittelindustrie angekommen. Natürlich reicht es nicht, diesen allein an die Kommunikations- und Marketingableitung weiterzureichen. Das muss an anderen Stellen ankommen und umgesetzt werden. Doch wie sagt es Gerald Wehde, Sprecher von Bioland, so schön? „Der Staat hat nicht gehandelt, jetzt haben das die Discounter übernommen“. Stimmt. Und wenn die Discounter nicht anständig handeln, werden auch dies andere übernehmen.

Wie siehst Du es?

Welche Meinung in Bezug auf Labels vertrittst Du? Welchen Labels oder Siegeln vertraust Du beim Einkauf von Fleisch, Milch & Co.? Und bei welchen schwillt Dir der Kamm, da es Deiner Meinung nach ein (Marketing-) Fake ist?
Schreib uns: redaktion@weidefunk.de

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