Unser Fleischkonsum braucht neue Wege – Gastbeitrag der ehemaligen Krankenschwester Eva Gomez

Unterscheidbare Liebe?

Im Angesicht des immensen Leidens unserer sogenannten Nutztiere kommt man nicht umhin zu fragen, wie es dazu kommen konnte und wer die Schuld daran trägt.

Eigentlich sind wir doch keine Barbaren, sondern leben in einem demokratischen Rechtsstaat, in dem wir ein gewisses Mitspracherecht haben. Und eigentlich lieben wir doch Tiere – oder?

Oder lieben wir sie nur, solange es uns passt es nicht zu teuer wird oder unseren Tagesablauf nicht zu sehr stört? Und lieben wir nur manche Tiere – andere aber nicht? Und wenn ja – woher kommt das? Menschen, die sich mit dem Thema näher befasst haben, sehen den französischen Philosophen Rene ́ Descartes (1596-1650) als Verursacher eines neuen Denkens über Tiere an. Davor hatte man durchaus mitunter positive Gefühle für Tiere, aber die Lehren von Descartes änderten all das.

„Tiere sind gefühllos wie Maschinen“ – so lautete sein damaliges Urteil, was bewirkte, dass man Tiere nutzen und benutzen konnte, wie und wann immer man wollte. Tiere konnten zwar wimmern und schreien, wenn sie Schmerzen hatten, aber diese Äußerungen waren laut Descartes‘ rein mechanischer Natur, eine Reaktion ohne jegliches Gefühl.

In der Folge ging es vielen Tieren sehr schlecht: sie mussten arbeiten, um zu überleben, schwere Lasten tragen oder ziehen, Wasserräder immer im Kreis herum antreiben, Äcker pflügen … und man konnte natürlich auch an ihnen forschen, ohne sein Gewissen zu belasten. Ihre Schreie waren ja rein mechanische Äußerungen (auf diesen Sachverhalt des „Gebrauchs“ von Tieren geht auch Yuval Noah Harari in seinem lesenswerten Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ immer wieder ein).

Meine ehrliche Meinung dazu? Ich glaube, von dieser Vorstellung des Tieres als Arbeiter, Sklave und Befehlsempfänger haben wir uns bis zum heutigen Zeitpunkt immer noch nicht wieder lösen können. Zwar halten wir jetzt unsere Hunde und Katzen im Haus und häufig sind sie Teil der Familie, aber auch das geschah nicht über Nacht, sondern musste sich entwickeln. Noch in den 50er und 60ger Jahren hielt man Vögel in kleinen Käfigen, ebenso Hamster. Und Kaninchen wurden generell im Stall in kleinen Verschlägen gehalten und irgendwann geschlachtet.

Wir dürfen einen Schritt weitergehen

Und was ist nun mit der industriellen Massentierhaltung, fragen wir uns. Wieso haben wir sie irgendwie nicht bemerkt und nicht widersprochen? Lyn White von Animals Australia versucht in ihrem wunderbaren Vortrag „Ein Abend mit Lyn White“ darauf eine Antwort zu geben:

„Weil wir langsam da hineingewachsen sind.“

Lyn White

Wir kamen aus der Gedankenwelt von Descartes und wuchsen mit Kettenhunden und Rindern in Anbindehaltung auf; das war nicht schlimm, weil alle es so machten und man es nicht hinterfragte. Als dann die ersten industriellen Massentier-Anlagen entstanden, brauchten wir auch diese nicht zu hinterfragen, weil sie meist auf dem Land entstanden und man höchstens in Form von Geruchsbelästigung damit zu tun hatte.

Erst als Videos von Aktivisten auftauchten bekamen wir einen Hinweis darauf, wie es den Tieren überhaupt gehen mochte, die wir als „Nutztiere“ abgetan hatten.

Heutzutage sind industrielle Massentieranlagen bewacht und überwacht – es wurde immer schwieriger für Tierschutzaktivisten, in Nacht und Nebel Aktionen z.B. in eine Mastanlage für Hühner oder Schweine einzudringen und dort zu filmen.

Aber eigentlich haben wir doch auch alle genug gesehen und wollen nicht andauernd an das ständige Leiden der Tiere erinnert werden, oder?!

Und auch nicht daran, dass unsere industriellen Massentieranlagen anderswo auf der Welt Schuld sind am Hungern ganzer Familien, weil diese immens vielen Tiere schließlich viel Futter brauchen, was unsere Ernte-Erträge übersteigt.

Der frühere US Vizepräsident Al Gore befasst sich in seinem Buch „Earth In The Balance“ -Wege zum Gleichgewicht mit dem Thema, warum wir unbequeme Wahrheiten verdrängen und erklärt es so, dass sie uns nicht direkt und nah genug betreffen und wir sie deshalb wegschieben können- jedenfalls für den Moment noch.

Meine persönliche Antwort

Meine Antwort auf die industrielle Massentierhaltung mit all ihrem schrecklichen Unrecht ist, nach vorne zu blicken und die Produkte zu kaufen, die von Tieren stammen, die ein artgerechtes und glückliches Leben hatten!

Ihren Tod zu wertschätzen, indem ich für Milch und Fleisch das bezahle, was ihnen eine artgerechte Haltung ermöglicht hat. Oder auf den Konsum von Fleisch und Fisch ganz zu verzichten und auf Alternativen zu setzen, die es mittlerweile massenhaft gibt.

Wenn wir uns umschauen: es gibt so viele Menschen, die das auch wollen, die es satthaben, das Leid der Tiere in Kauf zunehmen- und das Leid vieler Bauern, die ihre Höfe aufgeben mussten, weil sie von Großunternehmen verdrängt wurden.

Ich glaube, dass derzeit ein Umdenken in den Köpfen so vieler Menschen stattfindet und dass die Zeit für Veränderung da ist. Wir alle zusammen sind diese Veränderung und aus einzelnen Stimmen wird ein gewaltiger Ruf – für uns selbst, die Tiere, die Umwelt und unsere Erde!

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