Starke Statements aus der Küche: Gastronomen – sprecht über die gute Herkunft des Fleisches!

Gemütlich einkehren, lecker Bierchen … und was Artgerechtes zu Essen gefällig? 

Keine Weidefunk-Tour endet ohne eine gemütliche Einkehr in eine heimische Lokalität. Das gehört irgendwie mittlerweile einfach dazu.

Doch bereits vor unseren Weidefunk-Reisen mit den Mädels war ich viel unterwegs. Als Veganerin hattest du es da vor 10 Jahren verflucht schwer: Über einen lieblos zusammengewürfelten Salat hinaus was Nährstoffreiches in Restaurants, am Flughafen, Bahnhof oder gar der Autoraststätte zu erspähen, glich Detektivarbeit.

Heute, als partieller Fleischesser mit intensivem Blick auf Herkunft, wird es nicht besser. Für gewöhnlich starre ich eine durchschnittliche Speisekarte eine gefühlte Ewigkeit an. Und finde häufig nichts. Denn Aussagen wie „Bio“ oder „Regional“ sind alleinstehend wenig aussagekräftig. Auch die in der Schweiz üblichen Deklarationen, aus welchem Land das Tier kommt (z. B.: Rind = Argentinien, Lamm = Deutschland, Pferd = Schweiz) sagen nichts darüber, wie die Tiere gelebt haben. 

Das Schweigen der Speisekarte

Das führt bei mir zu einem mittelschweren Paradox im Kopf: Denn wir kommen ja bei Einkehr in eine leckere Lokalität in aller Regel von einer Tour wieder, die uns auf einen Hof geführt hat, wo die Tiere leben durften – ihr wisst, was ich meine. Und es ist so wichtig, dass diese Höfe unterstützt werden, in dem deren Produkte auf die Teller kommen – und Industriefleisch und Industriemilch weichen. Und wer könnte da besser zur Hand gehen, als einer der geschicktesten und versiertesten Lebensmittel-Handwerker – der Koch? 

Für mich ist ein professioneller Koch derjenige Handwerker, der sich wie kaum ein zweiter mit dem Prozess „Vom Tier zum genussvollen Lebensmittel“ auskennt. Genau hier steckt die Wahrheit darüber, mit welchem Gewissen für uns dem Genuss hingeben dürfen. 

Dass die Speisekarten hier so schweigen, und uns so wenig darüber verraten, welche Geschichte hinter dem verarbeiten Fleisch (von Milch ganz zu schweigen) stecken, muss uns verwundern. Was kann der Grund dafür sein?

Ein Küchenchef, der den Ursprung im Blick hat

„Die meisten guten Köche wissen ganz genau, woher das Fleisch stammt, das sie verarbeiten!“

Nikolas Spitzner

Vor ein paar Tagen traf ich mich mit Niko. In vollem Namen Karl-Nikolas Spitzner, zeichnet der 38-Jährige als Küchenchef und Betreiber des Restaurants „Spitzner im Oerschen Hof“ verantwortlich. Niko ist ein klasse Gesprächspartner, wenn es um Tacheles geht. 

Nikolas Spitzner

„Stimmt nicht!“ hält Niko direkt dagegen, nachdem ich ihm mein Klagelied der in Bezug auf die Fleischherkunft schweigenden Speisekarten geklagt habe. „Die meisten guten Köche wissen ganz genau, woher das Fleisch stammt, was sie verarbeiten!“ Der Knackpunkt ist seiner Meinung nach häufig anders gelagert: „Die Gastronomen weisen es auf ihren Karten aber noch recht selten aus.“

Niko kocht gehoben, aber nicht elitär. Der gebürtige Münsteraner legt höchsten Wert auf den Ursprung, schaut sich die Betriebe mit eigenen Augen an, von denen er die Lebensmittel bezieht. Dazu gehört auch der Schlachthof. 

„Ich bemühe mich in den meisten Fällen darum, haargenau zu wissen, woher die Lebensmittel kommen.“ Charakteristische Produzenten, mit denen Niko zusammenarbeitet, sind dabei zum Beispiel Hendrik (tolle Schweinehaltung!), oder Elmar Wecks. Dessen Hochlandrinder und Moorschnucken stehen auf Grenzertragsböden in Naturschutzgebieten des Kreises Steinfurt in ganzjähriger Freilandhaltung. Selbst die Weideschlachtung ist beantragt. 

„Jeder sollte beim Töten mal mit dabei gewesen sein!“

Für Niko ist die Marschroute klar: Seine Mitarbeitenden sollen in der Küche lernen, hinzuschauen – und reinzugreifen: Neben Hof- und Betriebsbesichtigungen ist es für seine Angestellten übliches Handwerk, Tiere auszunehmen, wenn sie „in der Decke“ – sprich mit Fell, Federn & Co. – geliefert wurden. 

Und er geht einen Schritt weiter: „Weißt Du, vielleicht sollte jeder auch mal beim Töten mit dabei gewesen sein!“ Freude hat der junge Koch mitnichten daran, aber ihm ist die Ehrlichkeit im Herstellungs- und Verarbeitungsprozess des Lebensmittels „Tier“ zu einer hohen Maxime geworden. 

„Man will doch was Vernünftiges auf den Teller bringen Und dazu musst du wissen, wo es herkommt.“ Nikolas Spitzner

Nikolas Spitzner

Das genaue Hinschauen ist für Nico zur Routine geworden, um „was Vernünftiges“ auf die Teller zu zaubern. Und es ärgert ihn, dass der Gesetzgeber keine verbindliche Definition von „artgerecht“ liefert. Klar, denn das öffnet Tür und Tor, diesen Begriff hemmungslos zu verbraten für Produkte, die von ihrem Ursprung her so weit von artgerecht entfernt sind wie die Tiere von der Weide, die für diese Produkte gestorben sind. 

Niko hat klare Vorstellungen, was „vernünftig“ heißt: So muss es nicht regional sein – wenngleich ein ausgeglichener Bio-Fußabdruck durchaus stets zu beachten ist. Aber viel wichtiger ist die qualitative Herkunft: „Wie hat das Tier gelebt?“ Eine einfache, und doch so wichtige Frage.

Gastronomen schaffen Nähe zum Essen – und zum Tier

So wollen es die Meisten am liebsten im Hinterkopf haben, wenn sie ihr Steak essen: Glückliche Tiere auf grünen Weiden

Ein Koch ist ein Handwerker, der das Tier mit seinen eigenen Händen zum Lebensmittel verarbeitet. Und dabei obliegt es ihm, wieviel Geschichte er das spätere Gericht erzählen lässt. An Chefköchen wie Niko sehe ich, dass Transparenz ein weiteres Mal zum Erfolg führt und immer der bessere Weg ist. 

Und es mehren sich die Gastronomen, die das für sich erkennen. Das derzeit populärste Beispiel dürfte Jan Hartwig (37) sein. Der Drei-Sterne-Koch vom Restaurant Atelier im Hotel Bayerischer Hof ist zornig auf die CDU-Politikerin Julia Klöckner, weil sie im Online-TV mit Fernsehkoch Johann Lafer ein Drei-Gänge-Menü für sechs Euro zubereitet hatte. Hartwig setzt hier eine klare Kante: „Verbraucher müssten sich mehr informieren, was auf ihrem Teller landet und wo die Lebensmittel herkommen.“ (Quelle, sowie weiterführend in der Süddeutschen).

Ein kluger Impuls. Doch je nachdem, wie ein Koch seine Küche und sein Restaurant führt, übt er oder sie großen Einfluss aus: 

„Ich habe eine Kundschaft hier, die kann ich sofort begeistern für dieses Gute und Ursprüngliche, die wissen es zu schätzen!“ 

Weiß Niko zu berichten.

Und drückt damit aus, welch positive Einfluss von Gastronomen ausgehen kann.   „Hey, keine Frage – wie kochen nicht nach Nährwerttabelle, sondern nach Geschmack.“ Aber genau hier liegt der Knackpunkt: Lebensmittel mit einer ehrlich guten Herkunftsquelle schneiden auf der Nährwerttabelle automatisch besser ab als die Produkte aus der Industrieküche.

So ist der gesunde Blick auf die ehrlichen Ursprünge der verarbeiteten Lebensmittel stets eine gute Geschichte wert – und sei es nur als natürlicher Appetitanreger auf der Speisekarte!

Also Gastronomen – wenn Ihr gutes Fleisch verarbeitet, sprecht darüber! Gerne auch mit uns: mailto: ik@weidefunk.de

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein